Montag, 11. Januar 2016

Kunst; oder: Dialektik meines Ichs

Wir schlafen. Wir essen. Wir trinken. Wir arbeiten...

Tagtäglich das selbe Spiel. Zwischenräume fühlen wir mit weiteren Banalitäten, und erfreuen uns an Giften, die uns für kurze Zeit vergessen lassen, dass wir, einem Uhrwerk gleich, jede Minute näher sind an dem Moment, an dem wir stehen bleiben. Für immer. Es gibt keine neuen Batterien für uns.

Das Gift ist mannigfaltig. Offensichtlich in dem Alkohol, den Zigaretten und anderen Drogen, in denen wir uns flüchten. Versteckt in Konsum, Werbung und Manipulationen, die nicht minder effizient unseren Geist betäuben. Wir geben die Verantwortung ab. Die Werbung zeigt uns, was wir wollen, Modezeitschriften, wie wir aussehen haben, unsere Mitmenschen, was wir für ein Leben führen sollen.
Peacemaker II : Perseverance

Wir sollen perfekt sein. Nein. Wir müssen, denn ansonsten sind wir wertlos. Und wer vergisst, seinen Erfolg, sein Glück und seine Oberflächlichkeiten in sozialen Medien ausgiebig publik zu machen, sowieso. Identität am Rande des Wahnsinns, Selbstwert definiert an irrsinnigen Idealen, die jeder bestimmt, außer wir selbst.

Komisch, wenn ich das schreibe? Ich, die ich unzählige Fotos von mir hochlade auf einer Facebookseite, die man eigentlich nicht braucht? Feier und glorifiziere ich nicht jenes, was ich so harsch kritisiere? Oftmals wird mir vorgeworfen, dass ich vieles unterstütze, was ich gar nicht gutheiße. (Abstruse Vorwürfe alá ich sei ein Hungerhaken. Nein. Wer sich meine Bilder anschaut, dem sollte klar sein, dass ich absolutes Normalgewicht habe. Mit einem BMI, der sich, zugegeben sehr schwankend zwischen 19-21 bewegt, bin ich absolut im grünen Bereich! In manchen Posen sieht man eben dünner aus, in anderen dicke - ja, auch das zu wissen und zu nutzen, gehört zum modeln..)

Für mich ist das Modeln - ich betone: Für mich - nicht die Glorifizierung irgendwelcher Ideale. Nein, sie ist eine weitere Möglichkeit meine Kreativität auszuleben. Ich war schon immer bildkünstlerisch aktiv. 

Spoken too many words
Kunst hat einen großen Stellenwert für mich. Kunst ist das, was ich dem Alltag entgegenstelle, sie ist die Essenz meines Glücks, meines Glaubens, meines Lebens. Ich muss erschaffen, um zu existieren. Die Zeiten, in denen ich nichts erschaffen habe, waren die dunkelsten meines Lebens.

Kunst ist vieles für mich. Die Flucht in eine andere Welt. Verarbeitung von Trauer, Wut, Angst, Glück, Liebe und Leid. Und auch die Ursache all dessen. Selbstreflexion. Wahrheit und Lüge. Sie gibt mir Kontrolle und nimmt sie mir auch ganz. Ich kann mich fallen lassen und mich gleichzeitig einem Plan unterwefen. Sie ist Kritik und Lob, Selbstdarstellung und Selbstverleumdung. Sie ist das Blut in meinen Adern. Medizin und auch die Krankheit. Sie treibt mich an und ich bin auch getrieben von ihr. Oder wie es, unter Anderem Marilyn Manson, beschrieben hat: Sie ist ein Fragezeichen.

Natürlich bietet sie mir auch den Raum für Egoismus, den ich in meinem Alltag stetig versuche zu überwinden. In ihr schreie ich alles heraus, was mich belastet, was ich meinen Mitmenschen immer weniger aufladen kann und möchte. Sie sind nicht gehörte Botschaften, die auch niemals richtig verstanden werden müssen, der Sinn liegt darin, dass sie gesagt wurden.

Die ganze Wahrheit über mich? I am a desperate mind. Mein Leben wurde schon immer von vielen Ängsten, Sorgen und von großen Leid geprägt. Ich bin so verloren in dieser Welt. Früher habe ich versucht mit Hass und Misanthropie mein Leben zu bewerkstelligen. Ich war sehr von meinen Emotionen getrieben. Mit der Vergangenheit im Nacken, die Angst vor der Zukunft vor Augen, entstand in der Gegenwart nur Leid. Doch, irgendwann wusste ich, dass ich so nicht leben möchte und kann.

Vor mir waren zwei Wege. Und ich entschied mich fürs Leben. Das war der Moment, an dem ich einen Teil von mir abspaltete. In mir und zugleich neben mir war seit dem ein weiteres Ich, eines, was seine Existenz in meiner Kunst hat. Es trägt meinen Namen, meinen alten, den, der mit der Vergangenheit behaftet ist. So schizophren es klingt, war es der Weg zu meinem Heil. Die Tessa, die täglich das Leben bestreitet, hasst nicht, sie liebt. Sie ist erwachsen, oder auf dem Weg dahin. Sie hat ihr Leben im Griff, und Emotionen 
Model, Make-Up: Tessajeancook
Photo, editing: Pam.Meier Fotodesign
bereichern ihre Welt und bestimmen sie nicht nur. Sie hat gelernt Egoismus zu überwinden. Und hinter ihr, neben ihr stetig die Andere. Eine Stimme, die sagt, dass sie es nie schaffen wird. Eine Stimme, die Wut nährt, Ängste, Hass, ebenso wie desaströse, egoistische Liebe, unerfüllbare Hoffnungen, Gier, Unzufriedenheit, Selbstverletzung und Eifersucht – lockend mit einem Kontrollverlust. Das Kind, was nicht weiß, was es sich da wünscht.

Kunst ist also das, was mich vor mich selbst rettet.

Und ich schreie es in die Welt. Als Zeichen für mich. Ich schäme mich nicht mehr für die Seiten an mir, die die Welt nicht haben will; Ich schäme mich nicht mehr für das, was ich war, oder was ich bin. Ich habe mir und den Menschen vergeben. Und? Ja, es wird sich keiner an mich erinnern. Warum sollte es auch Jemand.
That is not my aim, as you see.

Ich erschaffe für mich, wie ich auch letztlich mit mir selbst leben muss – will, darf. Das Leben, das hat mir die Kunst gezeigt, ist lebenswert, schön, wundervoll. Ein Geschenk. 

Wir haben die Macht in unseren Händen. Stehe morgen auf und breche aus deinem Alltag aus, letztlich, bist du es, der statt sich zu vergiften, erblühen kann. Du brauchst Niemanden dazu, außer dich selbst. Werde wieder Herr deiner Sinne, nimm dein Leben in die Hand. Kunst zeigt sich überall. Auch in der Kunst des Lebens.

Freitag, 8. Januar 2016

Von alten Wegen und neuen Ziel; oder: Das Kind in mir

Bereits im Herbst habe ich gemerkt, dass ich müde war. Wovon? Das konnte ich nicht greifen.
Es hat vielleicht manch einer gemerkt, dass ich weniger Shootings gemacht habe als sonst. Nun, irgendwie hat alles sehr fade geschmeckt. Nach dem ich die Zeit hatte mich zu ordnen – nach der stressigen Weihnachtszeit habe ich mir ein paar Tage gegönnt, in denen ich meditierte, las, und zu mir kam – habe ich endlich eine Antwort dafür.


Ich liebe das Modeln, das Spielen mit dem Make-Up, das Eintauchen in eine andere Welt, die Menschen, die man dadurch kennenlernt. Also tat ich ja doch immer etwas, was ich liebte – warum war ich also dann so müde dessen?

Im September bin ich quer durch Deutschland gereist. Was ich nicht wusste war, dass es nicht nur eine Reise zu alten Freunden werden würde, sondern auch eine Reise zu mir. So viele Eindrücke begleiteten mich, die Sicherheiten alter Freundschaften mit den Reizen neuer Menschen, neuen Orten und neuen Erlebnissen. Ich lernte eine andere Sichtweisen. Am Ende der Reise war ich in Dresden. Und ich verlebte eine wundervolle Zeit. Ich hatte das Gefühl, dass ich bedingungslos aufgenommen worden bin. Die Zeit war gekommen, meine Masken abzulegen. Sorglos lebte ich in den Tag, wie ein wohlgehütetes Kind. Wenn ich ein Glas Wein zu viel getrunken hatte, schlummerte ich friedlich für mich, ich hinterfragte nicht, ob ich mich jetzt lächerlich mache. Ich hatte seit langer Zeit das Gefühl, dass ich es gar nicht konnte. Ich lachte viel in diesen Tagen.

Als ich zurückkam, hatte ich keine Lust. Keine Lust auf Shootings, Make-Up und Trubel.

Ich weiß jetzt warum. Mir wurde gezeigt, was es war, was ich liebte. Das Kindliche, das Unbeschwerte, die Freiheit und die Kreativität.

Ich habe in Wirklichkeit nicht mehr das gemacht, was ich liebe. Ich befand mich unter stetiger Angst. Ich muss besser werden, ich muss gut aussehen, ich muss erschaffen – ansonsten bin ich nichts wert. Zusätzlich wurde mir wehgetan, von Menschen, die ich als Freunde erachtete. Leider waren es Menschen, mit denen es mich besonders glücklich gemacht hat, zu arbeiten. Die Freude, die Liebe zur Kunst, ja, sie zersetzte sich langsam.

Es war das Beste, was ich tun konnte, langsamer zu machen, bevor sie komplett weg war.. Ich machte wenig, aber dafür das, was mich glücklich macht. Ich verbrachte einige wenige, aber herrliche Shootingtage mit tollen Menschen, allen voran einen wundervollen Tag im Schloss Hummelshain, und ich merkte, wie ich wieder mehr Kraft bekam.

Deswegen kam ich zu folgendem Schluss, als ich über neue Ziele nachdachte:
Ich werde das machen, was ich liebe. Kunst soll mein Leben nicht erschweren, Kunst soll mir das Gefühl geben, dass ich frei bin – sie ist das Kind in mir. 

Im Alltag arbeite ich stetig daran, Werte und Tugenden zu verinnerlichen. Ich möchte ein Mensch sein, zu dem ich als Kind aufgesehen hätte.

Ich gebe mein bestes, furchtlos und mutig sein, mich dann einzumischen, wenn es nötig ist, und aufrichtig und ehrlich sein. Ich arbeite daran diszipliniert, und zielbewusst zu sein. Für mich als private Person, ist es nun ein großes Ziel uneingeschränkt reflektiert, objektiv, ruhig, demütig und gelassen zu werden. Ich möchte nicht, dass ich mein Leben egoistisch gelenkt von meinen Leidenschaften und Emotionen verbringe. Ich möchte zum Wohle aller, und somit auch zu meinem, handeln.

Doch das muss und will ich nicht in meiner Kunstperson sein. Sie ist der Teil in mir, der Kind ist. Sie hat Angst, sie ist wütend, sie ist gelenkt von Emotionen aller Art. Sie ist das Mädchen, was unabdingbar hasst, welches traurig ist, und das auch ohne Grund. Sie liebt stärker als sie sollte und sie wird auch die Falschen lieben, wenn sie es will. Egoistisch und sorglos – wie ein Kind. Sie ist ja auch ein Kind. Sie trägt nicht nur den Namen meiner Kindheit, sie ist es. Weitsicht kennt sie nicht. Sie ist nicht vorrausschauend. Sie ist es, die ihre größten Stärken und Schwächen zeigt, sie wird mit den schlimmsten Ängsten konfrontiert, sie ist es, die immer mehr will, sie ist es, deren Lieben groß und wundervoll sind, um dann schmerzvoll zu enden. Sie träumt unrealistisch und lebt in einer anderen Welt. Sie trägt ständig eine andere Maske, sie lügt, aber ist auch gnadenlos ehrlich, wenn sie es will.

Und mit ihr lerne ich, wie ich leben kann. Sie ist das, was in mir wohnt, was mich aber nicht kontrollieren darf. Aber in der Kunst darf sie es.

Damit das so bleibt, damit mir die Kunst weiterhin gut tut, muss sie so frei bleiben.

Und die Freiheit meiner Kunst, ist mein Ziel.

Denn nur so, tue ich, was ich liebe.

Fotos: Alexander Ott - AOM studio

Sonntag, 3. Januar 2016

Zweifel an der Stille

Ich habe noch nie so geliebt. Wie kann es Stille geben, wenn dies so in mir existiert? Wie kannst du neben mir sitzen, ohne die stechenden Schreie zu hören, die dir davon berichten, wie sehr du geliebt wirst?

Tatsächlich ist dein Glück ein essentieller, nicht trennbarer Anteil meines Selbst geworden. Du gehörst zu mir. Mein eigenes Wohl, meine Wünsche, Träume, sie sind nichtig, wenn man sie vergleicht mit deinem Wohlergehen. Jede Eifersucht, jeder Stolz, alles wäre eine Beleidigung der Liebe zu dir. Stattdessen will ich alles tun, um dir zu geben, was du dir wünschst. Ich fürchte, dass es ewig so bleiben wird.

Niemals wirst du mich verletzen können. Ewig gefesselt durch Ehrlichkeit. Ich werde niemals eine Wunde von dir tragen. Stattdessen werde ich dich weiter lieben, und ich werde mich niemals satt lieben, denn du wirst mir niemals auch nur etwas geben von dem ich überdrüssig werden könnte. Ich fühle dich, wo immer ich bin. Und ich würde mir wünschen, dass du merkst, dass du dich niemals einsam fühlen musst, denn es ist Jemand da, der dich begleitet, auch wenn du es weder siehst, noch weißt.

Ich zweifel an der Essenz dieser Liebe. Sie wirkt nicht wie eine gewöhnliche Liebe zwischen Mann und Frau. Es fühlt sich nicht an wie dieser biologische Prozess, der eine Fortpflanzung zum Ziel hat. Sie ist ziellos. Ich habe mich nicht in den Menschen verliebt, ich falle für deine Seele. Das, was du nach außen hin zeigst, das liebe ich auch, aber mehr als Zeichen dessen, als Ergebnis, eine abgeschwächte Variante. Bedingungslos liebe ich. Ich will nichts von dir zurück. Ich will dich einfach lieben. Und ich will nicht mehr aufhören damit.

Wenn deine Augen wirklich ein Tor sind, dann möchte ich nichts anderes als dort durchzugehen. Ich möchte dir nahe sein.

Und eine körperliche Nähe lässt mich erbeben vor Euphorie, als würdest du nicht mich umarmen, sondern meine Seele, die ich dir darreiche. Du kennst sie als einziger. Das macht aber eine körperliche Nähe auch nicht zwingend notwendig. Nichtmal räumliche Nähe. Denn es ist meine Seele, die auf Wanderschaft geht und dir nahe ist, egal wo, egal wann. Wann auch immer du ein Streicheln auf deiner Wange fühlst, wann auch immer dir ein Lächeln über die Lippen huscht, wann auch immer es dir gut geht, ohne Grund, sei dir sicher, dass ich es bin, die dich liebkost.

Du bist der Moment, wenn ich nachts aufstehe, weil ich nicht schlafen kann. Wenn ich kein Licht anmache und im Dunkeln in die Küche gehe, das Fenster öffne, und mich auf das Fensterbrett setzte. Stetig bereit mich hinabzustürzen. Doch die Möglichkeit habe ich morgen auch noch. Ich zünde mir eine Zigarette an und schaue über die dunkle Stadt, mit ihren Lichtern, die sich einsam der Finsternis stellen. Ich sitze da und mir wird langsam kalt. Doch ich genieße es. Ebenso wie die Ruhe. Einen seltsamen Trost spendet mir die Nacht. Manchmal beweine ich dann etwas, manchmal lache ich, manchmal starre ich einfach nur. Es sind wohl meine ehrlichsten Momente, ein Augenblick meines tiefsten Ichs bis zum erlischen der Zigarette. Und du bist das. Dieser Moment, immer, wenn du da bist. Diese Momente retten mich immer wieder.
Du bist der Segen, der Trost der Nacht. Eine liebevolle Melancholie, deren Schönheit Einen zum Weinen bringt. Die Symphonie an Sternen die mit aller Kraft gegen das warme Licht der Laternen ankämpft. Ein Abgrund vor mir, eine letzte Möglichkeit, Hoffnung. Die Ehrlichkeit der Gedanken. Ich.

Mit diesen Worten niedergeschrieben, verlässt mich jeder Mut. Ich fühle mich hoffnungslos.


Fotos, editing: Castiel
Model, Make-Up: Tessajeancook