Samstag, 26. März 2016

Verrückt; oder: the bliss of despair

Ich fürchte, ich bin verrückt. Ich verliere komplett meinen Verstand.

Weißt du, wie es sich anfühlt, nicht mehr der Herr seiner Sinne zu sein? Wenn du morgens in den Spiegel blickst, dann ist dieser zerbrochen.

Ich lebe nicht für Jemand anderen, aber stetig versuche ich Jemand Anderes zu sein.

Dünner. Schöner. Intelligenter. Rationaler. Liebender. Musikalischer. Kreativer. Unemotionaler. Gebildeter. Disziplinierter. Gesünder. Sportlicher. Freundlicher. Höflicher. Ruhiger. Gelassener. Ehrgeiziger. Offener. Extrovertierter. Empathischer. Ehrlicher. Fröhlicher. Glücklicher. Talentierter. Interessierter. Aufmerksamer. Lustiger. Spontaner. Geordneter. Beliebter. Anerkannter. Ernster. Reicher. Effizienter. Einzigartiger. Überraschender. Leidenschaftlicher. Vertrauensvoller. Optimistischer. Geselliger. Verlässlicher. Stoischer. Künstlerischer. Perfekter. Geliebter.

All jenes versuche ich zu erreichen. So schnell wie möglich. So radikal wie möglich. Das Streben nach Verbesserung, Perfektion, es treibt mich rastlos umher. Ich selbst habe mir die Paradigmen auferlegt, die mich nun meinen Verstand kosten. Es ist nicht möglich seinen Verstand zu behalten, wenn man sich so verändert. Ich habe meinen Verstand schonmal verloren. Ich habe ihn mir ausgetauscht und meine Vergangenheit mit all ihren schlimmen Geschehnissen zurückgelassen.

Es hat mich gerettet.

Es ist wohl mein Fluch und mein Segen. In stetiger Veränderung verzweifel ich, damit ich umso verzweifelter festzustelle, dass ich mein Ziel erreicht habe, um daran zu verzweifeln, ob mein Ziel rechtens war, verzweifelt bemüht neue Ziele zu finden, an denen ich verzweifeln kann.

Das klingt traurig. Und manchmal ist es das auch. Meine Dämonen jagen mich.

Letztlich habe ich aber wohl wenigstens eine Veränderung gemacht, die richtig war.

Ich weiß, dass ich verrückt bin. Ich weiß, dass ich verzweifel an allem, was dieses Leben mir gibt.

Doch, ich weiß ebenso, dass es wohl das ist, was mich definiert. Veränderung. Verzweiflung.

Meine Kunstlehrerin sagte immer, dass man einem wirklich guten Kunstwerk ansehen muss, wie sehr man an ihm verzweifelt ist, wie sehr man mit ihm gerungen hat. Am Schluss steht dieses Bild, mit seiner Geschichte und man befindet es für gut.

Ich habe Hoffnung gefunden, dass ich einen ebensolchen Weg durchschreiten muss. Nur mein Entstehungsprozess benötigt eine Lebenszeit. Und am Ende, so erhoffe ich es mir, stehe ich da, und ich befinde mich für gut, so wie ich bin.

Bis dahin verändere ich mich und verzweifel daran. Doch mit einer wahnsinnigen Freude, denn schließlich weiß ich, für was ich verzweifel. Ich male mich. Und umso verzweifelter ich dabei bin, desto besser werde ich werden. Ich verzweifel mit einem Lachen, als Dank für das Leben, welches mich verzweifeln lässt, ich weine vor Glück, da selbst die verzweifelsten Momente so herrlich und wunderschön sind.

Ich sagte doch, ich wäre verrückt.

Credits:
Model, Make-Up: Tessajeancook
Photo, editing: Pam Meier

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